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HELFT UNS LEBEN und die Betreuungsvereine der AWO im Landkreis Altenkirchen

Geschrieben am 22. Dezember 2008, 10:36

Aktion HELFT UNS LEBEN und AWO überreichen Weihnachtsgeschenke!

Helft uns Leben

Ein Zimmer für die Kinder

Anke K. hofft auf baldige Rückkehr ihrer beiden jüngsten Söhne – Betreuungsverein der AWO hilft

Jedes Jahr unterstützt HELFT UNS LEBEN, eine Initiative unserer Zeitung, die Arbeiterwohlfahrt (AWO) finanziell für die Aktion “Nachbar in Not”. Damit hilft die AWO Familien vor Ort, die kaum genug zum Leben haben. Schon über kleine Dinge, die für andere Menschen selbstverständlich sind, freuen sich die Betroffenen.

ALTENKIRCHEN. Ein großes stabiles Bett, ein solider Holzschreibtisch, ein Kleiderschrank und eine Kommode. Was von den meisten Menschen als absolute Grundausstattung eines Kinderzimmers gesehen werden dürfte, ist für Anke K. keine Selbstverständlichkeit. Die 39-jährige Mutter von vier Söhnen hat kein Geld für solche Möbelstücke. Dass sie diese nun trotzdem ihr Eigen nennen darf, hat sie dem Betreuungsverein der AWO in Altenkirchen und der Initiative HELFT UNS LEBEN unserer Zeitung zu verdanken. Die gut erhaltenen Second-Hand-Möbel wurden von Spenden unserer Leser für die Aktion “Nachbar in Not” bezahlt.

Im Moment ist das Kinderzimmer allerdings noch unbewohnt. Nur ein paar Kuscheltiere sitzen auf dem Bett. Wenn alles gut läuft, sollen hier im kommenden Jahr die beiden jüngsten Söhne von Anke K. einziehen. Die Jungs (6 und 11 Jahre) sind im Moment bei Pflegeeltern untergebracht, weil Anke K. es vor fast einem Jahr nicht mehr geschafft hat, sich um die Kinder zu kümmern – zu groß waren die Depressionen und die finanzielle Not.

Anke K. hat schon viel mitgemacht und ist doch immer wieder aufgestanden. “Sie ist eine Überlebenskünstlerin”, sagt Nadine Grifone vom Betreuungsverein der AWO, die der alleinerziehenden Mutter nun seit einigen Monaten zur Seite steht. Es war im Jahr 1990, als ein Schicksalsschlag das Leben der bis dato glücklichen jungen Frau veränderte. Ihre erst neun Wochen alte Tochter starb am plötzlichen Kindstod. “Sie lag auf meinem Bauch und atmete plötzlich einfach nicht mehr”, erinnert sich die 39-Jährige. Danach war alles anders. “Das Leben lief wie ein komischer Film ab”, sagt sie. Anke K. wurde depressiv und konnte keinem geregelten Alltag mehr nachgehen. Zeitweilig lebte sie als Obdachlose auf der Straße, schlief unter Brücken und schlüpfte hin und wieder mal bei Freunden unter. Anke K. brachte insgesamt vier Söhne zur Welt, lebte mit dem Vater der drei jüngeren Kinder einige Jahre zusammen, war einige Zeit verheiratet und wurde wieder geschieden. Immer wieder gab es depressive Phasen, in denen sie es nicht schaffte, ihre Hausarbeit zu erledigen. “Ich hatte mit Beziehungen kein Glück”, sagt sie rückblickend. Einige Männer nutzten sie aus, nahmen sich ihr ohnehin knappes Geld – teilweise sogar mit Gewalt. Im Jahr 2005 zog die Familie in den Westerwald. Doch auch hier schaffte es Anke K. nicht, ihren Kindern ein geregeltes Leben zu bieten.

Anfang 2008 geht es ihr psychisch so schlecht, dass sie ihre beiden jüngsten Kinder in die Obhut von Pflegeeltern gibt. “Ansonsten wäre das Jugendamt eingeschritten”, ist sie sich sicher. Die beiden älteren Jungen (16 und 13) bleiben bei ihrer Mutter.

Nun steht Weihnachten vor der Tür, und Anke K. muss das Fest der Liebe ohne ihre beiden jüngsten Kinder feiern. Doch dank rechtlicher Betreuung und Familienhilfe hat die 39-Jährige ihr Leben inzwischen wieder besser im Griff. “Ich werde die Jungs an Weihnachten besuchen”, berichtet sie. Mit Hilfe der AWO wird sie im neuen Jahr versuchen, alle Voraussetzungen zu schaffen, die zur Rückkehr der beiden Kinder in die Familie notwendig sind. Das neue Zimmer ist auf diesem Weg ein erster Schritt. (tf)/rz 22.12.2008

Mutter und Sohn sind ein gutes Team

Wie eine Alleinerziehende trotz psychischer Erkrankung ihr Leben meistert

Jahr für Jahr leistet der Verein HELFT UNS LEBEN mit der Aktion “Nachbar in Not” finanzielle Unterstützung für die Arbeiterwohlfahrt (AWO) Rheinland. Mit dem Geld hilft die AWO Menschen, die kaum genug zum Leben haben. Oft sind es schon Kleinigkeiten, mit denen man den Betroffenen eine große Freude bereiten kann. Und solche Menschen gibt es auch im Kreis Altenkirchen.

KREISGEBIET. Wenn dieser Tage Menschen allerorten durch die Geschäfte und Einkaufszentren hasten, Massen über die Weihnachtsmärkte drängen, dann bleibt Anna S. mit ihrem kleinen Sohn Felix (Namen von der Redaktion geändert) lieber zu Hause. Nun gibt es viele Menschen, die sich nichts aus dem vorweihnachtlichen Trubel machen, doch bei Anna S. liegt die Ursache sehr viel tiefer: Die 42-Jährige leidet seit Jugendtagen an einer psychischen Erkrankung, an Angstzuständen und Depressionen.

“Heute ist mir bewusst, dass ich schon mit sieben, acht Jahren Depressionen hatte”, sagt die alleinerziehende Mutter, die mit ihrem fast vierjährigen Sohn im oberen Kreis Altenkirchen lebt, “damals, als Kind, konnte ich noch nicht wissen, was mit mir los ist”.

Während ihrer Jugendzeit plagen Anna S. immer wieder Magenbeschwerden; weil die Ärzte aber keine organische Erkrankung feststellen können, geht sie mit 18 erstmals zu einem Facharzt für Psychiatrie. Der diagnostiziert das Borderline-Syndrom, eine Persönlichkeitsstörung.

Dennoch beginnt die junge Frau ein Sozialpädagogik-Studium, um es jedoch kurz darauf schon wieder abzubrechen. In den rappelvollen Hörsälen fühlt sie sich erdrückt und eingeengt. “Noch immer kann ich kaum gleichzeitig mit fünf oder sechs Leuten in einem Zimmer von normaler Größe sein”, sagt sie. Ein Grund dafür, warum sie bis heute nicht in der Lage ist, einem Beruf nachzugehen.

Schwieriger Weg ins Glück

Nach ihrem ersten Besuch beim Psychiater beginnt für Anna S. eine Odyssee durch unzählige Kliniken und Einrichtungen – bis sie in einem Wohnheim der AWO im Westerwald “strandet”. Hier bessert sich ihr Zustand schließlich soweit, dass sie den Versuch wagt, in einer eigenen Wohnung annähernd wieder auf eigenen Füßen zu stehen.

Da war Anna S. bereits Ende 30 und konnte nicht ahnen, dass ihr ein weiterer Wendepunkt erst noch bevorsteht: Im Februar 2005 bringt sie einen kleinen Jungen zur Welt. Doch vom großen Glück ist zunächst keine Spur, denn die Schwangerschaft war nicht geplant. Der leibliche Vater, mit dem Anna S. 18 Jahre lang zusammen war, will das Kind nicht. Es kommt zur Trennung. Immerhin hält der Vater bis heute den Kontakt zu seinem Sohn.

Unmittelbar nach der Geburt sind Anna S. und der kleine Felix aber auf sich allein gestellt. “Gerade am Anfang habe ich gedacht, ich schaffe das alles nicht”, gibt die Mutter zu. Es ist auch das trägerübergreifende Sozialnetz, das die Minifamilie ein Stück weit auffängt: die ambulante Betreuung durch die Caritas mit Einkaufs-, Haushalts- und Erziehungshilfe, der rechtliche Betreuung durch die AWO, die Psychiatrische Tagesklinik in Kirchen und die Psychiatrie-Abteilung im Wissener Krankenhaus als medizinische Anlaufstellen.

Auf eigene Initiative fährt Anna S. darüber hinaus zweimal in der Woche zu einer Selbsthilfegruppe der Diakonie. In Siegen treffen sich ähnlich betroffene Mütter – einmal alleine, das andere Mal kommen die Kinder mit. Wie wichtig Anna S. diese Gesprächskreise sind, zeigt die Tatsache, dass sie die Bahnfahrkarten dorthin aus eigener Tasche bezahlt. Und das, obwohl Mutter und Sohn ohnehin kaum etwas zum Leben übrig bleibt.

In den Supermarkt wird Anna S. mitunter von einer Betreuerin der Caritas begleitet. Die hilft dabei, dass günstige, aber dennoch hochwertige Lebensmittel im Einkaufswagen landen. Dennoch: “Es reicht manchmal hinten und vorne nicht”, klagt Anna S..

Zum Leben bleibt nur wenig

Sozialpädagogin Kathrin Wolter vom Betreuungsverein der AWO rechnet vor, warum: 1100 Euro im Monat haben Mutter und Kind zur Verfügung – Erwerbsunfähigkeitsrente, Grundsicherung, Kindergeld und der Unterhaltsvorschuss der Kreisverwaltung; davon ab gehen 535 Euro als feste Kosten (Miete, Nebenkosten, Versicherungen). Nicht eingerechnet sind dabei Nachzahlungen wegen verteuerter Energiekosten oder auch Reparaturen – wenn etwa, wie zuletzt geschehen, die Waschmaschine unversehens ihren Geist aufgibt.

Und dann Felix. “Der Junge ist sehr genügsam”, sagt Anna S., und dennoch hat auch er, der seit dem Sommer in den Kindergarten geht, seine kleinen und großen Wünsche. Nächstes Jahr will der Kleine Fußball spielen, da müssen Trikot und Schuhe her. Eine Mitbewohnerin aus dem Mietshaus hat dem Jungen zuletzt eine schicke Weste gestrickt, ansonsten müssen sich Mutter und Sohn irgendwie durchschlagen. Sonntags gehen die beiden schon mal zum “Sonntagscafé” oder zur Märchenstunde in die “Gelbe Villa” in Kirchen.

“Wir beide sind ein gutes Team”, gibt sich die Mama kämpferisch und streichelt den blonden Wuschelkopf ihres Sohnes. Manchmal, so sagt sie, habe sie Sorge, dass der Junge unter ihrer Krankheit leiden könnte. Aber immerhin geht es Anna S. inzwischen besser, wozu wohl auch Felix einen großen Teil beigetragen hat. Seit Längerem habe sie sich nicht mehr in stationäre Behandlung begeben müssen, und auch in die Depressionen falle sie nicht mehr so tief hinein wie früher. Allerdings: “Ganz verschwinden werden die Stimmungsschwankungen wohl nie.”

Suche nach Anerkennung

Anna S. hofft weiter darauf, irgendwann so fit zu sein, dass sie ins Berufsleben einsteigen kann. Jenem Lebensbereich, in dem sich Menschen in der Regel am ehesten Anerkennung verschaffen. “Ich konnte mich nie über Leistung definieren, habe deshalb auch nie ein Selbstwertgefühl entwickeln können. Außer vielleicht jetzt, als Mutter.” Für Anna S. wird es daher wohl auch in Zukunft nie selbstverständlich sein, geachtet und wertgeschätzt zu werden. “Aber an den Stellen, die sich hier um mich kümmern, weiß ich, dass das so ist.”

Neben ihrem Lebenswunsch, irgendwann vielleicht einmal arbeiten gehen zu können, wäre eine neue, zentraler gelegene Wohnung für Anna S. das größte Weihnachtsgeschenk. Zurzeit wohnt sie mit Felix noch weit ab vom Schuss am Ortsrand; der Fußweg zum nächsten Supermarkt ist weit und beschwerlich. Beide kümmern sich dieser Tage natürlich auch um die Weihnachtsgeschenke für ihre Freunde und Bekannten. “Vieles basteln wir selbst, denn kaufen ist bei uns nicht.” Daniel Weber/rz 20.12.2008

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